Wenn man als gesetzlich Versicherter einen Pflegegrad bei Pflegeversicherung beantragt, bestimmt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung die Einstufung in einen Pflegegrad. Bei privat Versicherten übernimmt dies die Firma Medicproof. Aber beide, MDK und Medicproof, arbeiten nach denselben Grundsätzen.
Der
Medizinische Dienst der Krankenversicherung berät die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland im Auftrag der Kranken- und Pflegeversicherung in medizinischen, zahnmedizinischen und pflegerischen
Fragen. Das können allgemeine Richtlinien sein, die eine gerechte und neutrale Gleichbehandlung aller Patienten sichern soll. Aber es werden von der MDK-Gemeinschaft auch konkrete Fälle von
Pflegebedürftigkeit in einem festgeschriebenen Verfahren geprüft. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen ist auf Länderebene organisiert. Darüber hinaus gibt es größere Organisationseinheiten wie
den MDK Nord sowie die des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen.
Auf der einen Seite ist die Aufgabe der MDKs, dafür zu sorgen, dass Krankenversicherte im Krankheits- oder Pflegefall die Leistungen erhalten, die ihnen gesetzlich zustehen und andererseits um den
verantwortungsbewussten Umgang mit den Beitragszahlungen der Versicherten. Denn allein die Soziale Pflegeversicherung gibt jährlich 18 Milliarden Euro für ihre Versicherten aus. Bei der gesetzlichen
Krankenversicherung ist es sogar zehnmal so viel.
Die Pflegebedürftigkeit ergibt sich aus der Selbständigkeit und den Fähigkeiten eines Menschen. Was kann noch selbst verrichtet werden? Wo muss jemand helfen? Der Medizinische Dienst nimmt diese Einschätzung der Pflegebedürftigkeit anhand eines festen Kriterienkatalogs mittels Punktevergabe vor. Die höchst mögliche Punktzahl ist 100 und bildet bis 90 Punkte den schwersten Pflegegrad, Pflegegrad 5, mit der höchsten Pflegebedürftigkeit. In den Pflegegrad 1 mit der geringsten Pflegebedürftigkeit wird man durch den MDK eingestuft, wenn man 12,5 bis 27 Punkte erreicht. Bei einer geringeren Punktzahl wird durch den MDK keine Empfehlung für einen Pflegegrad erteilt.
Ein
wichtiges Hilfsmittel bei der Ermittlung und Dokumentation des Pflege- und Betreuungsaufwands ist ein Pflegetagebuch. Zum Führen eines Pflegetagebuchs nimmt man am besten einen entsprechenden
Vordruck, den man im Internet, beim Bundesgesundheitsministerium in Berlin oder bei der Krankenversicherung bekommt. In dieses tabellarische Tagebuch trägt man minutengenau die Zeiten ein, die für
die einzelnen Verrichtungen bei der Pflege benötigt werden. Das XI. Sozialgesetzbuch (SGB XI) bietet dafür Richtwerte zur Orientierung.
Neben den Zeiten für die einzelnen Verrichtungen wie Waschen, Zahnpflege oder Kochen, wird noch die Art der Hilfestellung dokumentiert. Dafür unterscheidet der Gesetzgeber zwischen fünf Formen mit
jeweils eigener Abkürzung: U für Unterstützung, TÜ für teilweise Unterstützung, VÜ für vollständige Unterstützung, B für Beaufsichtigung und A für Anleitung.
Die Formen der Hilfestellung sind ebenfalls definiert. So bedeutet zum Beispiel Unterstützung, dass der Pflegebedürftige grundsätzlich selbständig ist, aber bei der Vor- und Nachbereitung bestimmter
Verrichtungen wie Duschen Unterstützung benötigt.
Nach dem
Einreichen des Antrages auf einen Pflegegrad bei der Pflegekasse dauert es etwa zwei Wochen bis sich der MDK zur Terminvereinbarung für eine Begutachtung der Pflegebedürftigkeit meldet. Für den
Termin legen Sie als Leistungserbringer oder Angehöriger alle betreffenden Unterlagen bereit; dazu zählen Arztbriefe, das Pflegetagebuch oder ärztliche Diagnosen und andere wichtige Informationen zum
Pflegebedarf der betroffenen Person.
Der Termin an sich dauert eine halbe bis anderthalb Stunden. Für die Feststellung der pflegerischen Versorgung und persönlichen Situation vor Ort gibt es das Neue Begutachtungsassessment (NBA), das
folgende Bereiche in Bezug auf die Selbständigkeit einer Pflegeperson beleuchtet:
Selbstversorgung: Die Selbstversorgung geht mit 40 Prozent in die Erteilung eines Pflegegrades ein. Bei der Begutachtung wird unter anderem festgestellt, inwieweit der
Betroffene fähig ist, die eigene Körperpflege zu verrichten. Zudem werden das selbständige An- und Auskleiden, Zubereiten von Mahlzeiten und Inkontinenzbeschwerden erfragt.
Mobilität: Mobilität ist aus pflegerischer Perspektive ein ziemlich weit gefasster Begriff. Er beginnt bei Positionswechseln im Bett, wie dem Aufsetzen oder Aufstehen, und
reicht bis zum Ortswechsel mit Laufen oder Treppensteigen beim Einkaufen oder Spazierengehen.
Kognitive
und kommunikative Fähigkeiten: Es soll bei der Pflegebegutachtung festgestellt werden, ob sich der Betroffene noch örtlich und zeitlich orientieren sowie einen eigenen Haushalt führen kann.
Weitere Merkmale, die der MDK untersucht, sind die Gestaltung des eigenen Alltagslebens und soziale Kontakte, der Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Belastungen und neuen Aufgaben, die
Verrichtung von Aufgaben des täglichen Bedarfs sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen.
Der MDK kommt …….
Um die Leistungen von der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung zu erhalten erhalten , wird in einem Begutachtungstermin durch einen von der Pflegeversicherung bestellten Gutachter geprüft, ob und in welchem Umfang Pflegebedarf besteht. Durchgeführt wird diese Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), wenn Sie gesetzlich versichert sind, und die Firma Medicproof, wenn Sie privat versichert sind
Während der Begutachtung prüft der Gutachter auf Basis eines gesetzlich definierten Kriterienkataloges, ob und in welchem Umfang Pflegebedürftigkeit vorliegt. Da die Pflegeversicherung sich bei der Bewilligung von Leistungen ausschließlich auf das Urteil des Gutachters stützt, ist der Verlauf des Begutachtungstermins von größter Wichtigkeit für die Beantragung und Bewilligung von Leistungen aus der Pflegeversicherung.
Im Folgenden haben wir auf der Basis unserer langjährigen Erfahrung die wichtigsten Tipps und Hinweise für den Begutachtungstermin für Sie zusammengestellt.
1. Vereinbaren Sie einen Termin, der Ihnen passt
MDK bzw. Medicproof werden sich an Sie wenden, um einen Termin für die Begutachtung mit Ihnen zu vereinbaren. Stimmen Sie dem Terminvorschlag nur dann zu, wenn er Ihnen wirklich passt. Haben Sie genug Zeit zur Vorbereitung? Haben Sie am Tag der Begutachtung Zeit und Ruhe?
Planen Sie zur Sicherheit zwei Stunden Zeit für die Begutachtung sowie je eine Stunde vorher und nachher ein. Es kommt regelmäßig vor, dass der Gutachter früher oder später als vereinbart bei Ihnen erscheint. Insgesamt sollten Sie also mindestens vier Stunden einplanen.
Lassen Sie sich nicht zu einem unpassenden Termin drängen. MDK und Medicproof müssen Ihre Vorgaben und Wünsche bei der Terminierung berücksichtigen. Kommt Ihnen etwas dazwischen, sollten Sie den Begutachtungstermin besser verschieben, als ihn unter Termindruck oder schlecht vorbereitet wahrzunehmen.
Wichtig: Sie können einen vorgeschlagenen Termin ein- oder sogar zweimal verschieben, ohne dass Ihnen daraus Nachteile entstehen. Sie haben allerdings auch eine gesetzliche Mitwirkungspflicht.
WÄHLEN SIE NICHT DIE TAGESZEIT IN DER PATIENT MEIST „BESSER DRAUF „ IST. SONDERN IMMER DEN, AN DEM ER BESONDERE BETREUUNG BEDARF.
Wenn derTermin morgens ist und er sich nicht selbst rasieren kann , lassen Sie beim männl. Patienten ruhig den Bart stehen.
2. Tragen Sie alle relevanten Unterlagen sorgfältig zusammen
Stellen Sie sicher, dass Sie alle Unterlagen griffbereit haben, wenn der Termin ansteht. Dazu gehören insbesondere medizinische Dokumente zu Erkrankungen, ärztliche Verordnungen, Arztberichte und Bescheinigungen, Medikamenten- und Therapiepläne, Entlassungsberichte, MRT oder Röntgenbilder und alles, was Ihnen sonst noch wichtig erscheint. Lassen Sie nichts aus. Selbst Allergien oder vom Arzt empfohlene Einreibungen sind relevant und sollten erwähnt werden, da sie die Pflege erschweren können.
Erstellen Sie Kopien der wichtigsten Dokumente und geben Sie diese dem Gutachter mit. Tragen Sie alle Pflegehilfsmittel zusammen und zeigen Sie diese dem Gutachter - von der Schnabeltasse über Inkontinenzartikel bis zum Rollator. Je klarer Sie zeigen können, wie Sie pflegen bzw. gepflegt werden, desto besser kann der Gutachter die Situation erfassen. Erstellen Sie eine Übersicht der behandelnden Ärzte und der in letzter Zeit erfolgten Arzttermine und Behandlungen sowie eine Liste der involvierten Pflegekräfte inklusive deren Kontaktdaten.
3. Verstehen Sie die Begutachtungskriterien
Machen Sie sich mit den Kriterien zur Beurteilung von Pflegebedürftigkeit vertraut. Der Gesetzgeber hat einen Fragenkatalog definiert, den der Gutachter vollständig beantworten muss, um einen Pflegegrad zu errechnen. Je besser Sie diesen Fragenkatalog kennen, desto gezielter können Sie dem Gutachter erklären, in welchen Bereichen die pflegebedürftige Person in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt ist.
Dokumentieren Sie Pflegebedarfe mit unserem Pflegetagebuch und errechnen Sie auf Basis des Pflegetagebuches mit unserem Pflegegradrechner, welcher Pflegegrad gerechtfertigt wäre. Erstellen Sie einen Notizzettel, auf dem Sie ALLE Kriterien notieren, bei denen die betroffene Person eingeschränkt selbständig ist und halten Sie diesen während der Begutachtung bereit.
4. Bereiten Sie die pflegebedürftige Person auf den Termin vor
Es ist wichtig, dass Sie und die pflegebedürftige Person bei der Begutachtung einen authentischen Eindruck Ihres Pflegealltags vermitteln. Der Gutachter muss Ihren Alltag erkennen, damit er beurteilen kann, wie selbständig Sie ihn bewältigen. Ein Beispiel: Ist es der pflegebedürftigen Person wichtig, am Morgen von der Nachtkleidung zu Tageskleidung zu wechseln, dann empfangen Sie den Gutachter in Tageskleidung. Richten Sie also sich selbst bzw. die pflegebedürftige Person und auch das Wohnumfeld nicht extra her für die Begutachtung. Zeigen Sie dem Gutachter einfach einen ganz normalen Tag.
Beantworten Sie die Fragen des Gutachters ehrlich - auch wenn die Antwort möglicherweise beschämend oder peinlich ist. Nur wenn alle Einschränkungen ehrlich angesprochen werden, erhalten Sie den gerechten Pflegegrad. Häufig verhält sich die pflegebedürftige Person während der Begutachtung, als wäre es ein Vorstellungsgespräch oder eine Prüfungssituation. Nicht selten werden die letzten Kräfte mobilisiert und die Gedanken mit aller Kraft sortiert, um möglichst selbständig zu wirken. Versuchen Sie, das zu vermeiden.
5. Starten Sie erst, wenn alle Beteiligten anwesend sind
Auch wenn der Gutachter viel früher als vereinbart kommt: Bestehen Sie darauf, erst dann mit der Begutachtung zu beginnen, wenn alle Beteiligten anwesend und bereit für den Termin sind. Die Hauptpflegekraft bzw. die wichtigste Vertrauensperson sollten auf jeden Fall am Termin teilnehmen. "Wir können ja schon mal anfangen" sollten Sie unbedingt vermeiden. Wenn alle bereit und vorbereitet sind, haben Sie die besten Chancen, dass der Gutachter die Pflegesituation richtig einschätzt. Lassen Sie den Pflegebedürftigen nie allein mit dem Gutachter.
6. Achten Sie auf vorweg genommene Aussagen
In der Regel dauert eine Begutachtung kaum länger als eine Stunde. Um alle 64 Begutachtungskriterien explizit abzufragen, die der Gesetzgeber vorgegebenen hat, bräuchte ein Gutachter deutlich mehr Zeit. Es ist daher regelmäßig der Fall, dass er viele der zu prüfenden Kriterien auf Basis eines Gesamteindrucks einschätzt, anstatt sie ganz konkret zu erfragen. Auch wenn Gutachter aufrund ihrer Erfahrung damit oft richtig liegen, können Fehler passieren.
Achten Sie daher darauf, wenn der Gutachter rhetorische Fragen wie “Und das mit dem Toilettengang in der Nacht klappt doch auch noch, oder?” stellt. Noch problematischer ist es, wenn die Frage gar nicht mehr gestellt, sondern die Antwort ausschließlich aus dem Gesamteindruck abgeleitet wird. Am besten, Sie haben sich mit Hilfe unseres Pflegetagebuches einen Überblick verschafft, an welchen Stellen eine eingeschränkte Selbständigkeit vorliegt. Sie können dann bei der Begutachtung gedanklich abhaken, ob alle Einschränkungen auch angesprochen wurden.
7. Schützen Sie den Pflegebedürftigen nicht
Häufig möchte der Gutachter bestimmte Handlungen sehen, wie z. B. den Gang zur Toilette oder das Aufstehen aus dem Bett. Oder er stellt sehr anspruchsvolle Fragen, um die geistigen Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person zu testen. All das muss er tun, um die tatsächliche Hilfebedürftigkeit richtig einschätzen zu können.
Aus Ihrem pflegerischen Alltag sind Sie es gewohnt, die pflegebedürftige Person vor Überforderungen, Überlastungen und peinlichen Momenten zu schützen. Halten Sie sich während der Begutachtung damit zurück und geben Sie dem Gutachter die Möglichkeit, sich einen umfänglichen Eindruck zu verschaffen - auch wenn dadurch Momente der Scham entstehen können. Nur wenn durch die geforderten Handlungen eine Gefährdungssituation für die pflegebedürftige Person eintritt, sollten Sie einschreiten.
8. Achtung, wenn der Gutachter nach einer Zustandsverschlechterung fragt
Eine Standardfrage während der Begutachtung ist, ob sich der Zustand der pflegebedürftigen Person in den letzten Wochen und Monaten oder seit der letzten Begutachtung verschlechtert hat. Da man dem Gutachter vermitteln möchte, dass die pflegerische Situation schwierig ist und man finanzielle Unterstützung bei der Pflege benötigt, ist man intuitiv geneigt, diese Frage mit "Ja" zu beantworten. Doch Achtung: Hat sich der Zustand der pflegebedürftigen Person tatsächlich verschlechtert? Antworten Sie nur dann mit "Ja", wenn es auch so ist. Und erläutern Sie unbedingt sehr präzise, was genau sich verschlechtert hat.
Zum Hintergrund: Werden Leistungen von der Pflegeversicherung bewilligt, stehen Ihnen diese Leistungen ab dem Datum zu, an dem Sie den Antrag gestellt haben oder die Voraussetzungen für den entsprechenden Pflegegrad erfüllt waren. In der Regel haben Sie also einen rückwirkenden Anspruch von mindestens einem Monat; bei einem erfolgreichen Widerspruch kann dieser Anspruch auch vier oder mehr Monate betragen.
Hat sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person in den Wochen vor der Begutachtung jedoch verschlechtert, lehnt die Pflegeversicherung genau diesen rückwirkenden Anspruch oft ab. Schließlich ging es der Person zum Zeitpunkt der Antragstellung besser.
9. Sprechen Sie auch alleine mit dem Gutachter
Es steht Ihnen als Hauptpflegeperson zu, mit dem Gutachter ein Gespräch unter vier Augen zu führen. Fordern Sie dieses Gespräch ein und korrigieren Sie gegebenenfalls die Eindrücke des Gutachters aus der Begutachtung. Häufig werden z. B. Themen, die Scham verursachen, im Beisein des Pflegebedürftigen nur sehr kurz besprochen oder von der betroffenen Person abgetan. Inkontinenz ist ein gutes Beispiel hierfür.
Achten Sie darauf, dass diese Themen klar besprochen werden und Sie auf den Punkt bringen, welche pflegerische Unterstützung erforderlich ist. Auch bei Demenzpatienten erhält der Gutachter häufig einen falschen Eindruck während der Begutachtung, da die Betroffenen häufig eine verzerrte Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten haben. Korrigieren Sie diese mangelhafte Selbsteinschätzung im direkten Gespräch mit dem Gutachter.
10. Überprüfen Sie, ob alle Hilfebedarfe zur Sprache kamen
Bevor der Gutachter sich verabschiedet, werfen Sie noch einmal einen Blick auf Ihren Notizzettel, auf dem Sie alle Einschränkungen notiert haben. Kamen alle Bereiche zur Sprache? Wenn eine der Einschränkungen nicht explizit besprochen wurde, sollten Sie den Gutachter hierauf ganz konkret hinweisen. Stellen Sie sicher, dass der Gutachter jede Einschränkung erkannt hat, wenn er die Begutachtung beendet.